Märchen aus 1001 Nacht

Beim Palacio Santa Cruz saß ich heute in der Sonne, trank einen und dann noch einen Café con leche und beobachtete die vorbeiströmenden Menschen. Zwischendurch wurde ich drei bis vier Mal von jungen Afrikanern angesprochen, die mir gerne Schmuck, eine Sonnenbrille oder das allseits bekannte Klapp- Körbchen aus Holz verkauft hätten. Ein mühsames Geschäft, ständig muss man das ganze Zeug mit herumschleppen. Nach wieviel Kontaktversuchen wohl ein Verkauf gelingt? Außer den Touristen arbeiten die Spanier überhaupt wie verrückt und die alte Geschichte von der langen Siesta und dem mediterranen Müßiggang ist längst ein Märchen. Nach einiger Zeit fielen mir ein paar Damen auf, die mal hier und mal dort herumstanden. Sie hatten neben einigen Kilos zuviel auch ihre besten Jahre schon hinter sich. Die zu hohen Schuhe und zu engen Hosen verrieten, dass sie hier noch eine ganz andere Ware zu Markte trugen, voraussichtlich mit genauso spärlichem Erfolg wie die jungen Afrikaner. Und ich saß hier schön in der Sonne und wartete auf das Hammam – Bad, das märchenhafte orientalische Entspannungsfreuden verhieß. Bevor mein schlechtes Gewissen überhand nehmen konnte, ging ich los. Nun zu teuer war die Sache nicht, ein Abendessen mit Getränken und Absacker hätte mich auch leicht die dreißig Euro kosten können. Zuerst hieß es unglamouröse Plastikdinger über die Schuhe zu streifen. Dann hinein in die Badebekleidung und dann in die stimmungsvollen Gewölbe. Überall Kerzen, Düfte von Amber und Lavendel, großzügige heiße, warme und kalte Wasserbecken. Klingt märchenhaft? War es aber nicht. Die Gewölbe verstärkten jedes kleine Geräusch. Überall plätscherte Wasser, das dadurch die Lautstärke einer Schnellstraße entwickelte. Die Kerzen waren zwar romantisch, aber bei dem wenigen Licht fühlte ich mich auf fremdem Gelände sehr unsicher. Das heiße Becken war wirklich schön heiß. Mein Kreislauf meldete nach 30 Minuten, dass es jetzt genug sei. Ich hielt noch weitere 10 Minuten in dem etwas kälteren Becken aus, in dem eine Schar junger Frauen viel Unruhe verbreitete. Dann trank ich in dem Entspannungsraum, in dem kein Platz mehr frei war, einen heißen Tee. Da ich mehr als eine halbe Stunde vor Ende des gebuchten Aufenthaltes ging, hatte ich beim Anziehen eine herrliche Ruhe. Ich weiß jetzt auch, wie ich in meiner heimischen Badewanne ein perfektes Hammam bekomme. Insofern hat sich die Investition rentiert. Gerade höre ich es in der Küche vielversprechend rascheln. Wie jeden Tag kocht meine Gastmutter bestimmt wieder was leckeres. Märchenhaft!

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