Do androids dream of electronic sheep?

Diese zugegebenermaßen recht futuristische Frage stellte Philip K. Dick in seiner Kurzgeschichte. Die wurde dann zu einem Meisterwerk und als einer meiner Lieblings-movies verfilmt. Nein, es geht jetzt nicht um Blade Runner, sondern um die dokumentarische Momentaufnahme von Isa Willinger, die untersucht, wie weit denn schon heutige „menschenähnliche Surrogate“ Emotionen und Bewusstsein imitieren können, um im Bild von Philip K. Dick zu bleiben…

KINO-UPDATE GASTBEITRAG: Der Film Hi, A.I. entführt uns hauptsächlich nach Japan und in die USA, um dort der Kommunikation zwischen Menschen und verschiedenen menschenähnlichen Gummipuppen nachzuspüren. Vor ca. 20 Jahren wurde klar, dass Menschen ein Roboter-Interface erst akzeptieren, wenn dieses Haare, Augen, Lippen und Haut hat.  Es soll menschenähnlich sein und muss menschliches Verhalten imitieren, wie z.B. Augenbewegung, Lidschlag, Bewegung der Augenbrauen usw. Erst dann sind Menschen bereit, mit einer Maschine zu interagieren.

Mit der Hilfe vieler langer Szenen, in denen Menschen mit stoischer Ruhe versuchen ein Gespräch mit dem künstlichen Gegenüber in Gang zu halten, seziert Isa Willinger das Scheitern eben genau dieser Kommunikation. Untermalt werden die Szenen mit den großen Versprechungen und Verheißungen der bekannten Evangelisten, die einer zukünftigen KI universelle „Super“-Intelligenz bescheinigen, wenn sich alles in diesem Tempo weiterentwickle.

Entlarvend ist auch eine wissenschaftliche Konferenz, bei der ein Forscher begründet, warum Roboter kein Bewusstsein bräuchten, denn die Algorithmen machten die Maschine ja schon „intelligent“. Daneben, ganz vorn im Podium, sitzt auch noch ein Philosoph (sic!) , der analysiert,  der Grund für das „arbeitende“ Gehirn sei ja „nur“ die Biologie und eben die Neuronen, die man später immer besser mit Silizium werde imitieren können…

Ich bin ja ein friedliebender Mensch und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, ABER wenn jemand – ein Philosoph – tatsächlich glaubt, ein algorithmisches „Arbeiten“ würde dem Gehirn zu Grunde liegen, der irrt gewaltig! Bei der Bewertung dieser Aussagen bleibt der Film ganz neutral und so blitzt das große Feld der ethischen und moralischen Fragen nur am Ende ganz kurz auf, denn der Zuschauer hat dann schon ganz bestimmt seine persönliche Meinung…

(gesehen von viewinghood)

8 Kommentare

  1. Roboter müssen Menschen ähnlich aussehen, um akzeptiert zu werden, aber interessanterweise wenn sie Menschen zu ähnlich sehen, werden sie wiederum abgelehnt. So ist zumindest der Stand der Forschung.
    Da sie in der Zukunft einen Platz in unserer Gesellschaft haben werden, denke ich, dass solche Filme unterschwellig schon einmal für Sympathie werden wollen.

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  2. Richtig. Ging es früher darum menschliche Computerwesen als einen menschlichen Doppelgänger zu kreieren (als Vertreter hier Hioshi Ishiguro) geht es heute wieder in die andere Richtung. Menschen sind da ambivalent. Auf der einen Seite verschafft das Erkennen als Maschine Sicherheit und auf der anderen Seite würde die perfekte Kopie unheimlich, bedrohlich wahrgenommen. Aufgegriffen zB bei Terminator. Weiter gesponnen dann als Replikant in Blade Runner… Werbung hat der Film meines Erachtens nicht betrieben, dazu ging die Regisseurin zu distanziert vor. Ich hatte eher den Eindruck von Elektronikschrott auf hohem Niveau…

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  3. Künstliche Intelligenz ist ein super spannendes Thema. Vielleicht brauchen wir die auch wirklich als Menschheit. Mit der vorhandenen natürlichen Intelligenz läuft es ja eher durchwachsen. Mein Staubsaugerroboter hat übrigens einen Namen von mir bekommen: „Staubi“. Trotzdem fühle ich mich ihm intellektuell noch überlegen.;-)

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  4. „Imitieren“ scheint mir der Schlüsselbegriff zu sein. Wenn Maschinen menschliches Verhalten imitieren, haben sie dazu keinen inneren Grund. Es ist der Wunsch von außen, ihnen menschenähnliches Verhalten zu geben. Es gab in den 1980-ern schon mal eine euphorische Aufbruchstimmung in der KI-Forschung, die ihre Verheißungen nicht erfüllen konnte. Heute funktioniert KI über die Auswertung immenser Datenmengen, wie etwa das Übersetzungsprogramm deepL, das ich schon mehrfach mit guten Ergebnissen genutzt habe. https://www.deepl.com/home
    Von den menschenähnlichen Androiden, die sich Philipp K. Dick schon in den 1950-er Jahren ausgedacht hat, und den ethisch-moralischen Fragen, die er aufwirft, sind wir noch meilenweit entfernt. Die Entwicklung geht woanders hin, etwa zur Frage der strafrechtlichen Verantwortung bei selbstfahrenden Systemen.

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    1. Das ist ein schöner Punkt: die kompromisslosen Verfechter der füheren KI gehörten der Schule der „Harten KI“ an. Hier ging man davon aus, das mit der Steigerung der Rechenleistung von Computern irgendwann auch künstliches Bewusstsein ausprägen wird. Bekanntester Verfechter hier ist wohl Marvin Minsky, der davon träumte, das Bewusstsein in den Computer hochladen zu können und so unsterblich zu werden 😉 Passend dazu ein früher Film – quasi der Klassiker – ist mit der wunderbaren Natalie Wood und Christopher Walker „Project Brainstrom“ von Douglas Trumbull von 1983 (!). (Die ersten drei Minuten sind schon sehenswert)

      Hier ist sicher noch Joseph Weizenbaum zu nennen, der Harte KI zutiefst ablehnte und als Informatik-Pinonier der Schöpfer von „ELIZA“ war, einem Programm von 1968, das in der damaligen KI-Community gefeiert wurde. Das damals recht simple Programm ist mit den heutigen Algorithmen zur (schwachen) KI wie „deep learning“ oder auf deutsch schlicht „künstliche neuronale Netze“ nicht zu vergleichen. Dein guter Hinweis zum Übersetzungsprogramm oder auch der medienwirksame „Sieg“ von AlphaGo zeigt eigentlich nur, dass eine Aproximationsmethode mit dem Trick des „selbstverstärkenden Lernens“ aka „trail and error“ bei nur genügend Rechenleistung den weltbesten Go-Spieler schlagen konnte. Wenn ich mir die Energieeffizienz anschaue sehe ich: ein Mensch mit seinem Gehirn: ca. 20 W und der verteilte Höchstleistungscomputer für AlphaGO vielleicht 1000000 W, also 1 Megawatt. Dazu noch die Kühlung des halben Rechenzentrums… Da können wir doch froh sein über unser Gehirn 🙂

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  5. Danke. So gut hätte ich es nicht erklären können. Dass „Intelligence“ in Deutschland mit „Intelligenz“ übersetzt wird, aber bei KI einfach „Information“ bedeutet, fällt bei den landläufigen Betrachtungen oft unter den Tisch. An Joseph Weizenbaum und sein Programm „ELIZA“ erinnere ich mich gut, auch an seine Warnungen, die Informatik nicht zu überschätzen.

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