Das in roten fetten Buchstaben geschriebene Wort HENNE fiel mir beim Durchsuchen des Tütenstapels in die Augen. Unzweifelhaft ist die eierlegende Henne in der Osterzeit systemrelevant (ein neues Lieblingswort), aber weder ein dummes, noch ein flaumiges Federvieh ist abgebildet.
Die Fakten
Breite: 41,5 cm. Höhe: 45 cm.
Eine Seite zeigt eine blau gerahmte blaue Zeichnung, rechts und links flankiert vom signalrot hervorgehobenen Henne samt Pfeil links und Strand rechts.

Das Internet klärt auf, dass Henne ein besonders bei deutschen Urlaubern beliebter Ort in Südwest-Jütland ist und zur Kommune Varde gehört. Bin ich definitiv nie gewesen, von Dänemark kenne ich nur Kopenhagen. Wer mir diese Tüte mitgebracht hat, daran kann ich mich nicht erinnern. Aber der Name Henne kommt nicht von ungefähr und bedeutet im Ursprung „Ort mit (Birk-, Auer-) Hähnen“.
Was das Örtchen zu bieten hat, zeigt bei näherer Betrachtung das blaue Wimmelbild.



Auf der anderen Seite dominiert ein düster schwarz-weißes Foto eines alten Kaufladens.

Eine Spar-Tüte. Soso. SPAR ist ein Akronym erfahre ich aus dem Internet. In meiner Schlichtheit hatte ich gedacht, dass damit der Kunde angesprochen wird, der beim Einkauf spart. Mitnichten. Es handelt sich um um einen alten, freiwilligen Zusammenschluss niederländischer Händler zu einer Handelskette. Das Motto war „door endrachtig Samenwerken Profiteren Allen Regelmatig“, woraus sich de Spar ergibt, was Tanne bedeutet und aha! das Logo erklärt. Die weitere Geschichte könnte man in einer Facharbeit darstellen…
Unter dem Foto ebenfalls in Rot der Name des Kaufmanns ApS. N. K. HANSEN KOBMAND. In Weiß auf schwarzem Grund das Zweitgeschäft und die Telefonnummer: Sommerhusudlejning Tlf. 05-255086
Ein komisches Foto, mir fällt auf, dass ein gewisser Gustav Holgersen 1970 unterschrieben hat. Das Foto ist keines, sondern ein Aquarell. Der Künstler zeichnete, wie eine genaue Inspektion zeigt, auch das Wimmelbild auf der anderen Seite.

Ob die Tüte wegen des künstlerischen Einsatzes bepreist wurde? Wahrscheinlicher ist, dass sie aus den 90er Jahren stammt, als die Dänen die Tüten kostenpflichtig machten.

Das war noch nicht alles, auch die Tütenfalz hat Informationen zu bieten, nämlich den Hersteller.

Was ist los in der Plastiktütenfabrik in Odense? Jede Menge. In dem alten Gebäude kann man jetzt ganz cool Streetfood essen gehen.
Kommentar: Vom Look her eher unspektakulär, aber bei genauer Betrachtung sehr vielschichtig. Die Grenze nach Dänemark ist noch dicht. Aber für den Sommer gibt es vielleicht einen Hoffnungsschimmer.
Nachtrag: Soeben erreicht mich eine Nachricht meiner Schwester. Die Tüte habe sie wohl aus jenem legendären Urlaub mit Kleinkind mitgebracht, der nach sieben Tagen Dauerregen zu einer Lungenentzündung beim Kind sowie Urlaubsabbruch führte und uns nachhaltig gemahnte, stets nur in die richtige Richtung, nämlich nach Süden, zu fahren. Das wird dann wohl ein Erbstück für die liebe Nichte 😊
Tatsächlich war ich in Henne Strand, als ich im Auftrag des ADFC dänische Fernradwege testete. viel Strand, viel Düne.
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Ist ja witzig. Wie hyygelig (ich glaube, das ist schwedisch?) fandest du es sonst so im Staate Dänemark?
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Das ist ja ne tolle Tüte. Ein echtes Kunstwerk.
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Danke. Ich fand es auch spannend, auf einer klassischen Supermarkttüte auf einen echten Künstler zu stoßen.
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Ja, die musst du dir gut aufheben.
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Zu Beginn der Aktion dachte ich noch, dass ich die Tüten nach der Präsentation dem Recycling überantworte – oder sie sonstwie zerschnibble. Inzwischen sind sie mir mehr und mehr ans Herz gewachsen. Vielleicht kann ich sie einem der bereits bestehenden Museen übergeben.. Mal schauen.
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Das glaube ich dir, wäre wirklich schade, da das definitiv eine sterbende Species ist.
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Sehr schön! Aber Henne Strand ist einen Tick zu südlich. In meiner Kindheit fing der Sommerurlaub so richtig erst nach der Fahrt durch Nymindegab an.
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Wenn man bereits ein Nordlicht ist, dann verschiebt sich solche Grenzen. Oder liegt’s am Sternzeichen? Als Löwin bin ich halt skeptisch gegenüber Ländern, in denen kein ordentlicher Wein wächst. 🙂
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Sehr interessant. Vielleicht sollte man einen Studiengang Tütengeschichte einführen mit dir als Professorin
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Zuviel der Ehre, da gibt es, glaube ich, deutlich bessere ExpertInnen. Aber schön, wenn’s interessiert 🙂
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