Wörter mit K am Anfang, so meine These, verraten über die Spezies Mensch am meisten und zeigen besonders deutlich, was diese Spezies von anderen Lebewesen unterscheidet: Kultur, Kunst, Kosmetik, Krieg, Kochen, Karneval, Kirche, Kuchen… Bevor ich jetzt den Faden verliere: Zwei meiner K-Lieblingswörter stehen im Mittelpunkt dieser Tütenbetrachtung, nämlich Kinder und Kaffee.
Die Fakten
Breite: 37 cm. Höhe: 45 cm.
Farblich ist die Gestaltung beschränkt auf Kirschrot, Weiß und Schwarz, trotzdem ist die Wirkung sehr lebendig.
Auf der einen Seite lacht den Betrachter eine fröhliche Kaffeekanne an. Sie hält ihre rechte Hand an den Mund und fordert auf:
Komm zu Kaiser’s. Bei Kaiser’s macht das Kaufen Spaß.
Die Kanne ist rot eingerahmt, unten mittig ist in weißen Großbuchstaben noch einmal der Firmenname zu lesen, rechts und links flankiert von einer kleinen Kaffeekanne, diesmal ohne Hände.
Die Kanne haben wir einem Jungunternehmer par excellence zu verdanken, Josef Kaiser. Der war als 18-Jähriger in das Kolonialwarengeschäft seines Vaters in Viersen eingetreten und kümmerte sich gleich um ein Alleinstellungsmerkmal. Er röstete den Kaffee, was bis dahin von der Hausfrau auf dem heimischen Kohleherd erledigt wurde. Schon zwei Jahre nach seinem Firmeneintritt, 1882, musste er eine größere Rösttrommel in Betrieb nehmen. Bereits 1905 hatte das Unternehmen 1000 Filialen. Josef Kaiser hatte auch ein gutes Gespür für Marketing, er ließ als Logo die lachende Kaffeekanne entwickeln und 1904 patentieren. Die Kanne wurde 1914 von dem Allround-Designer Peter Behrens überarbeitet und danach nicht mehr verändert.
Alle Achtung, ich staune über das unternehmerische Talent, allein mich schmerzt das schlimme Apostroph bei Kaiser’s, das dort so wenig hingehört wie bei Hempels unters Sofa.
Aber eine weitere Recherche zeigt, dass wir Kinder unserer Zeit sind, denn das s mit Apostroph war keineswegs immer verpönt oder gar falsch, sondern bis zum Ende des 19. Jahrhunderts geradezu üblich und Bestandteil weiterer Traditionsmarken wie Hoffmann’s Stärkefabriken oder Beck’s Bier.
In den oberen Ecken der Tüte steht beiderseits links:
Praktisch und hygienisch-umweltfreundlich durch gefahrlose Vernichtung
und beiderseits rechts:
Tragetasche mehrmals verwenden hilft Sparen… Wir danken!
Die andere Seite zeigt ein großes rotes Herz mit zwei Kinderfiguren, die sich an der Hand halten. Deutsches Kinderhilfswerk e. V. steht darüber, darunter Unsere Kinder sind unsere Zukunft.
Darunter steht der Spendenaufruf: Helfen Sie mit, Not und Leid zu lindern durch Spenden an das Deutsche Kinderhilfswerk e. V. Kto. – Nr. 440-809 PSchA München. (heißt übrigens Postscheckamt)
Kommentar: Den Kaiser gibt es nicht mehr, Kinder in Not jede Menge. Das Kinderhilfswerk setzt sich aktuell besonders für die Bildungschancen benachteiligter Kinder ein. Das sollte eigentlich kein Verein machen müssen.
Ach ja, das überflüssige Apo’stroph! Was könnten Druckerpatronen ge’spart werden, wenn die Leute nur eine Ahnung davon hätten, wie’s nach Duden richtig angewendet oder eben weggelassen werden müsste. 😉
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And’rerseits ein hübsches Ding,
an dem so manches Versmaß hing.
Wenn’s das dann nicht gegeben hätt‘,
kläng das Gedicht nur halb so nett.
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Obwohl ich ja weiß, dass das mit den Apostrophs nicht so unbedingt in Ordnung ist, muss ich mal gestehen: ich liebe diese Dinger…
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Ich mag sie nur nicht als Anhänger von Teestuben, Cafés und Wollläden.
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Ja, da ist was Wahres dran…
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Wie schön: ich bin mit der Kaffeekanne von Kaisers aufgewachsen, weil sich unserem Haus direkt gegenüber ein Kaiser´s Kaffeegeschäft befand. Viel später – erst 2019 – stand ich der Original-Kanne gleich hier in Oberhausen im Peter-Behrens-Haus gegenüber: er erfand diese lachende Kanne.
Hier mehr: https://www.koeln.de/koeln/der-mann-der-der-kaffeekanne-das-lachen-beibrachte_1084446.html
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Danke für den interessanten Link. Ist schon doll, was der Mann sich so alles hat einfallen lassen. Kann man sich mal für einen Ausflug vormerken.
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Gern. Guck mal unter Behrens-Bau Oberhausen….. Eine wahre Wundertüte!
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Anfang der 90er hatte ich als Student einen merkwürdigen Job: Ein- bis zweimal pro Woche wurde ich zusammen mit 15 anderen Studenten abends zu einem Kaiser’s Supermarkt im Rheinland gefahren. Sobald das Geschäft geschlossen hatte, bekamen wir einen bestimmten Regalabschnitt zugeteilt und machten Inventur, das heißt: Es wurde gezählt. Ich bin sicher, daß einige meiner Kollegen oft großzügig geschätzt haben. Besonders viel Wert wurde darauf gelegt, daß die Spirituosen richtig gezählt wurden, während man bei Tütensuppen ein schnelles Resultat erwartete. Auch wurde das Ergebnis dadurch verfälscht, daß sich einige illegal im Süßigkeitenregal bedienten, um sich zu stärken – sowas habe ich natürlich nie gemacht (Fioretto Marzipan gab es damals schon, daran erinnere ich mich merkwürdigerweise genau;-). Nach drei bis vier Stunden war der Spuk vorbei und wir wurden wieder nach Hause gefahren. Auf diese Weise habe ich bestimmt über hundert Kaiser’s Supermärkte zwischen Düsseldorf und Bonn besucht. Mir kam das immer sehr bizarr vor, aber es wurde ganz gut bezahlt, und da es immer abends war, verpaßte man keine Seminare.
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Den Inventurjob habe ich als Schülerin und Studentin auch schon gemacht, nicht bei Kaiser’s, dachte aber, das sei nur etwas für den Jahresabschluss. Wahrscheinlich wurde da richtig viel geklaut. Gut, dass ihr Studenten durch die Zählerei da auch noch nachgeholfen habt 😉
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Um etwa 2000 herum gab es in Aachen-Burtscheidt noch zwei Supermärkte von Kaisers. Ich habe da gerne eingekauft. Prima, was du zu Marke und Logo recherchiert hast. Auch deine Anmerkung zum Apostroph finde ich erhellend. Da zeigt sich, dass Orthographie und Zeichensetzung sich wandeln, dass es also kein endgültiges Richtig oder Falsch gibt, sondern nur übliche Gebrauchsweisen. Mich regt es auf, wenn manche ihren Mitmenschen den Duden um die Ohren hauen. Desgleichen finde ich es schändlich, jemanden einen Deppen zu nennen (wie in den Prägungen „Deppenapostroph“ und „Deppenleerzeichen“), weil er etwas nicht weiß, was professionelle Schriftbenutzer wissen bzw., wissen sollten, denn sie allein haben Vorbildfunktion.
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Die Sache mit dem Apostroph war eine gute Lehre für mich und meine Deutschlehrerinnenattitüde, die ich nicht immer im Griff habe 😉
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Es ehrt dich, liebe Andrea. Nicht viele unserer Kolleginnen und Kollegen halten sich vor Augen, dass die Orthographie, die sie lehren und sanktionieren, nur die gegenwärtig gültige Konvention ist. Wie veränderlich diese Konvenzion ist, lässt sich an unserer Orthographiegeschichte ablesen.
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Was für ein herrlich konstruktiv Blogeintrag. Ich habe mich köstlich amüsiert.
Herzlichst
Kritikverloren
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Sehr freundlich, vielen Dank 🙂 Der Tütenspaß geht auch noch einige Zeit weiter. Stay tuned, so sagt man wohl heutzutage.
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