Grün ist für mich – allein vom Wort her – eine positiv besetzte Farbe. Natur und Frühling schwingen mit, dem Grünschnabel verzeiht man gern seine Fehler, er weiß es ja noch nicht besser. Die Theorie kommt grau daher und bildet den Gegensatz zum goldenen Baum des Lebens, der eben auch grün ist.
Auch an grünen Büchern gibt es einige. Hermann Löns veröffentlichte Jagdschilderungen in „Mein grünes Buch“. Der Zusammenhang mit der Natur liegt auf der Hand, ebenso bei den auf der anderen Seite der Tierhaltung befindlichen „Fütterungsempfehlungen für Wiederkäuer“, in Kurzfassung ‚Grünes Buch‘ genannt.
Die meisten werden aber an Das Grüne Buch von Gaddafi gedacht haben, das ab 1975 in drei Teilen herausgegeben wurde. Darin wird neben allerlei krausen Gedanken zur Revolution und direkten Demokratie auch gepredigt, dass der Platz der Frau naturgegebenermaßen an Haus und Herd zu sein habe, da sie aufgrund körperlicher und geistiger Schwächen zu anderen Aufgaben nicht gemacht sei. Die Art, in der hier über Frauen fabuliert wird, ist im Grunde als rassistisch zu bezeichnen.
Und damit wären wir bei Green Book. KINO-UPDATE. Dieses Büchlein benötigen bei einer Konzertreise durch die Südstaaten der schwarze Konzertpianist Doc Shirley (Mahershala Ali) und sein italienischstämmiger Fahrer Frank (Viggo Mortensen). Denn als Schwarzer kann man in den Südstaaten zwar auf Einladung Konzerte geben, aber längst nicht in jedem Hotel übernachten, geschweige denn in jedem Restaurant essen. Ein Hotel- und Restaurantführer für Schwarze ist dieses grüne Buch, in den 30ern erstmals erschienen und in den 60ern immer noch notwendig. Unglaublich.
In New York ist man weiter – oberflächlich gesehen. Als zwei schwarze Monteure bei Frank eine Reparatur durchführen, wirft der anschließend die benutzten Gläser verächtlich in den Müll. Von Schwarzen hält er gar nichts..allerdings auch nicht von Holländern. Da er aber jeden Tag für seine große Familie Geld heranzuschaffen hat und der Nachtclub gerade renoviert, in dem er normalerweise als Rausschmeißer arbeitet, nimmt er diesen Job an. Und das bedeutet: Er muss den äußerst kultivierten Doc, der – wie merkwürdig – gar kein Mediziner ist, als Fahrer und Leibwächter begleiten.
Der Film liefert in charmanter Form, was man erwarten darf: Zwei sehr ungleiche Partner sind längere Zeit auf engem Raum zusammen – und aus dem eher distanziert-abschätzigen Verhältnis wird gegenseitiges Verständnis, sogar Freundschaft. Was eher banal klingt, wird von den beiden Schauspielern sehenswert umgesetzt. Auch der Soundtrack verdient ein lobendes Wort. Wie immer gibt es Kritiker, die – nicht ganz zu Unrecht – beklagen, dass das Thema Rassismus hier eher harmlos und damit verfälschend daherkommt. Ich finde, dass er nachdenklich macht, aber nicht deprimiert. Für Menschen, die eher selten ins Kino gehen, sollte dieser Film ein Anlass sein, es einmal wieder zu versuchen. Green Book ist mehrfach nominiert für den Oscar und wird ganz bestimmt auch einige bekommen – es ist ein zu Herzen gehender Gute-Laune-Film.
Ich mag genau diese Herangehensweise. Man muss nicht immer schwerfällig den Zeigefinger erheben, meist ist die Wirkung intensiver, wenn der Film das Herz berührt. So geht es mir jedenfalls. Liebe Grüße, Barbara
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Ja, das Schwingen der Moralkeule ist der guten Sache nicht immer dienlich. Danke für den Kommentar!
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